Tacherting. Ganz verändert erscheint der Ausstellungsraum
im Kulturhaus Holzapfel in Oberbrunnham bei Tacherting. Dem Eintretenden
springen die großflächigen starkfarbigen abstrakten Ölgemälde
Sabine Gerstackers förmlich entgegen, strahlen Dynamik und
Lebensfreude aus.
Sabine Gerstacker durchlief eine fundierte künstlerische
Ausbildung und hat sich an der Darstellung der Wirklichkeit geschult.
Davon zeugen im Kulturhaus Holzapfel eine Reihe von Akten im eher
kleineren Format. Erst mit 43 Jahren malte sie ihr erstes abstraktes
Bild; sie schafft damit ihr „eigenes Universum“, wie
sie selbst sagt, das aber die tatsächliche Wirklichkeit immer
noch im Hintergrund hat. Deshalb ist nichts zufällig in Sabine
Gerstackers Bildern.
Ausgehend von der Betrachtung der Realität entsteht im Kopf
der Künstlerin das fertige Konzept, schließlich das Bild
selbst, oft in einem längeren Prozess. Des Öfteren ist
der Ausgangspunkt ein philosophischer Gedanke, z.B. „Alles
fließt“ – „Panta rhei“ ist auch der
Name eines Gemäldezyklus von Sabine Gerstacker. Dennoch sind
ihre Bilder keineswegs kopflastig.
In der abstrahierenden Durchdringung der Wirklichkeit bringt sie
Ganzheit und Vielfalt der sich ständig wandelnden Welt auf
die Leinwand, auf jedem ihrer oft großformatigen Bilder gibt
es immer wieder Neues zu entdecken.
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Für Sabine Gerstacker steht die
abstrakte Malerei in Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Entwicklungen
der Gegenwart – sie wurde erst möglich durch die Auflösung
der fest gefügten Welt der Ständegesellschaft vergangener
Jahrhunderte und der Künstler spiegelt wie ein Seismograph
die modernen Verhältnisse wider, ist ihre Überzeugung.
Erika Holzapfel hält auch bei der aktuellen Ausstellung an
ihrem Erfolgsrezept fest, der Kombination von Gemälden mit
Plastiken eines anderen Künstlers, so dass unterschiedliche
künstlerische Ausdrucksweisen einander ergänzen. Auf den
ersten Blick ist allerdings kein gemeinsamer Nenner von der aufs
Dynamische eines Netzwerks vieler Teile von Wirklichkeit gerichteten
Sehweise Sabine Gerstackers und dem scheinbar Statischen der Bronzegussplastiken
von Konrad Kurz zu erkennen. Am ehesten zeigt sich ein gewisser
Gleichklang in der künstlerischen Auseinandersetzung mit der
menschlichen Gestalt, die vor allem bei Konrad Kurz großen
Raum einnimmt.
In den großen wie in den kleinen Figuren löst sich
das Statuarische auf in der Bewegung des menschlichen Körpers;
Konrad Kurz fängt sie in seinen Bronzeplastiken meisterhaft
ein.
Im Ausstellungsraum des Kulturhauses Holzapfel nun korrespondieren
die Skulpturen perfekt mit den sparsam farblich akzentuierten Aktzeichnungen
Sabine Gerstackers.
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Bei genauerer Betrachtung
ihrer abstrakten Bilder lässt sich auch hier eine gemeinsame
Linie mit Konrad Kurz finden, weniger im Thematischen, als in der
sehr durchdachten Verwendung der gestalterischen Mittel, die so
charakteristisch für den Bronzegießer ist, der von vornherein
das Bild der fertigen Skulptur im Kopf hat, doch viele Arbeitsschritte
machen muss, um zu diesem Ziel zu kommen. Besonders deutlich zeigt
sich die dafür notwendige gedankliche Leistung in dem „Boot“
von Konrad Kurz, ein kompliziertes Gebilde, an das Prunkschiff eines
Barockfürsten erinnernd; für Schiffsrumpf, filigranen
Aufbau und Figuren wurden einzelne Gussformen hergestellt, die Gussteile
durch Löten verbunden.
Für die Ausstellung im Kulturhaus Holzapfel musste eine begrenzende
Auswahl aus dem Gesamtwerk von Konrad Kurz getroffen werden. Sie
stellt die Bronzegussplastik in den Vordergrund, und hier wiederum
die kleineren Formate. Die bei den Stahlsymposien in Riedersbach
entstandenen Stahlgroßskulpturen mussten vernachlässigt
werden und damit eine ganz andere Facette seines Schaffens, die
zeigt, dass er sich genauso souverän der abstrakten Formen-sprache
bedient.
Mit Sabine Gerstacker aus Laufen und Konrad Kurz aus Petting in
der Nähe des Waginger Sees wird im Kulturhaus Holzapfel wieder
einmal der Beweis angetreten, dass die Region zwischen Inn und Salzach
eine Fülle an bildender Kunst von hoher Qualität liefert.
Die Ausstellung ist noch bis 20.Dezember geöffnet jeweils von
Donnerstag bis Sonntag von 16 bis 19 Uhr.
Dr. Inge Graichen |